Donnerstag, 25. März 2010

Die Wolkenkratzer von Imperia

Agnesi, der bekannte Pastahersteller aus Oneglia, wirbt für sich mit einer Vedute der Stadt, vom Meer aus gesehen. Doch halt, da fehlt doch etwas! Der Palazzo Andrea Doria, jenes 18-stöckige Hochhaus aus dem Jahr 1966, das über die Dächer
der Altstadt ragt, ist verschwunden. Der Nudelproduzent ließ den Schandfleck kurzerhand am Computer ausradieren.

Agnesi ist nicht die erste Firma, denen der „grattacielo" (Wolkenkratzer) ein Dorn im Auge ist. Riccardo Guatelli, Dosenlieferant u. a. für die Ölproduzenten Sasso und Berio, hat das häßliche Hochhaus ebenfalls verschwinden lassen. Wenn es nur in Wirklichkeit auch so einfach wäre, diese architektonische Scheußlichkeit loszuwerden. Aber weil es den Torre nun einmal gibt, muss man das Beste aus ihm machen.

Paolo Strescino, der Bürgermeister der Stadt, hatte deshalb 2010 einen Wettbewerb angeregt. Bürger konnten direkt und formlos handgezeichnete Vorschläge zur Aufhübschung des Turms ins Rathaus schicken. Strescino selbst hatte auch eine glänzende Idee: Den Stein des Anstoßes mit goldbraunen Photovoltaikplatten verkleiden. Man sah es schon vor sich, wie sich die Abendsonne in den Paneelen spiegelt ... Es blieb beim Status Quo.

Auch im anderen Ortsteil Imperias, in Porto Maurizio, gibt es eine häßliche Landmarke, die noch jedem ins Auge gestochen ist, der von Ventimiglia kommend auf die Stadt zu fährt. Ein Apartmentklotz verstellt den Blick auf eines der schönsten Panoramen der Küste.
Die Baugenehmigung dazu wurde 1959 erteilt. Erst als das Hochhaus fertig gestellt war, folgte der kollektive Aufschrei: Brutto, cattivo, impossibile. Über die Jahre wurden immer wieder Gedankenspiele betrieben, wie man die brutale Wirkung des Gebäudes abmildern könnte. Ein Rückbau um drei oder vier Stockwerke kam ins Gespräch. Doch die Wohnungseigentümer sperrten sich.

Und so wird der "palazzo delle poste" - so genannt, weil er auf Initiative einer Post- und Telegraphenkooperative entstand - wohl weiter ein Monument des schlechten Geschmacks und der Respektlosigkeit gegenüber gewachsenen Strukturen bleiben.