Die Sommergäste waren abgereist und wir begannen gerade, uns wieder einzurichten, da hörte ich es zum ersten Mal, dieses seltsame Glucksen und Gurgeln, mit einem fernen Echo aus dem Leitungssystem. Ein untrügliches und gefürchtetes Zeichen. Mit einer dunklen Ahnung klappten wir den Deckel des Revisionsschachts auf
und, ja, das Wasser aus der Küche lief nicht ab, staute sich poempel.jpgund floss schließlich rückwärts, in den Schacht hinein. Jeder Hausbesitzer kennt diese Momente der Verzweiflung, die den Wunsch, die Hütte zu verkaufen und fortan im Hotel zu wohnen, übermächtig werden lassen. Würde man, wie beim Wetter, den ligurischen Haushalts-Katastrophen Namen geben, wir wären jetzt beim Buchstaben H angelangt. Nennen wir ihn also „Hubert", den größten anzunehmenden Abwasser-Unfall, der soeben eingetreten war.
Jeder andere hätte auf der Stelle den Klempner gerufen, aber wir geben nicht so schnell auf! Das kann doch nicht so schwer sein, und was das wieder kostet! Dass chemische Rohrreiniger das Problem unter Umständen verschlimmern, wussten wir aus leidvoller Erfahrung mit einem Vorgänger von „Hubert". Jetzt half nur eines: das Klo ab zu schrauben. Dann wurde dem Rohrsystem mit einem endlos langen Gartenschlauch ein Einlauf verpasst, mal von der Sickergrube aus, mal durchs Klo-Rohr direkt, das jetzt offen im Bad gähnte und an Mundgeruch litt, mal über die Küchen-Leitung. Aber ab einem bestimmten Punkt gab es kein Durchkommen mehr, auch nicht für die Rohrreinigungskurbel, die zudem viel zu kurz war. Nun musste der Kompressor unseres Nachbarn ran. Viel Lärm um Nichts auch hier. Zum Glück haben wir ein weitläufiges Gelände und Gartenwasser mit separatem Ablauf, denn der Tag wurde lang. Am Fuße desselben haben wir versucht, der Blockade grabend näher zu kommen, aber das Rohr blieb unauffindbar. Mittlerweile waren Hunderte Liter Wasser auf dem Weg in die Versatzgrube verschollen, wovon ich mich kopfüber überzeugte. Wir haben an diesem Tag nicht viel gegessen.
Gegen Abend stand fest: Heute wird das nichts mehr und außerdem waren wir eingeladen. Mit einem leichten Sonnenstich, krummem Rücken und arthritischen Knien trafen wir bei unserer Freundin ein. Die wusste Rat: „Ruft doch mal den Henning Rein an". Doch noch wollten wir uns nicht geschlagen geben. Als anderntags das Rohr endlich gefunden, frei gelegt und mit der Flex gefenstert war, hatte sich die Distanz zur Blockade deutlich verringt und wir schöpften neuen Mut. Doch „Hubert" war stärker.
Am Mittag schließlich gaben wir auf und griffen zum Telefon. Zwei Stunden später war er da, der deutsche Installationsmeister aus Montegrazie. Auch er versuchte es zunächst mit Druck. Dabei verlor sich die Düse seines Kompressors in den Weiten unseres Rohrsystems. „Hubert" hatte ein weiteres Opfer gefordert. Jetzt schlug die Stunde der Wunderwaffe. Jeder kennt sie, die meisten haben sie zuhause, aber wie heißt das Ding eigentlich?
Am Ende eines Holzstils - nicht zu kurz - sitzt eine Saugglocke aus rotem Gummi, mit deren Hilfe ein Vakuum erzeugt wird. „Pömpel" sagen die Norddeutschen wohl dazu, auch Pümpel oder Plömper, ein Wort, das ähnlich vielseitig einsetzbar ist, wie „Dödel". Falls Ihr Klempner nicht Deutsch spricht: Auf Italienisch heißt es "sturalavandini". Man setzt die offene Unterseite des Pömpels auf den Abfluss und dichtet weitere Öffnungen, wie etwa einen Überlauf, ab, zum Beispiel mit einem nassen Waschlappen. Nun bewegt man den Holzstab zügig rauf und runter, um durch die kombinierte Druck- und Saugwirkung die Verstopfung zu lösen. Herr Rein, der das Klo wieder draufgesetzt hatte, schritt zur Tat, mit durchschlagendem Erfolg. Die Bescherung ergoss sich ins offene Erdreich und musste mit der Schaufel in die Grube befördert werden. „90% meiner Aufträge erledige ich damit", gestand der Fachmann freimütig. Das kann ja dann jeder! „Der Pömpel allein tut's nicht, man muss schon wissen, wie's geht", sprach´s, packte zusammen und verlangte ein sehr moderates Honorar. Wir empfehlen Herrn Rein, der übrigens in seiner Freizeit in der Banda Musicale Riviera dei Fiori die Tuba bläst, an dieser Stelle ausdrücklich weiter.
Die Aufräumungsarbeiten nach „Hubert" nahmen einige Zeit in Anspruch. Das war am Freitag. Am Samstag fiel die Wasserpumpe aus, unser 2000Liter-Tank war leer. Das Unglück heißt „Indira".