Montag, 15. November 2010

Italienisch lernen: Es ist nie zu spät

Cartoon
„Was, 20 Jahre jeden Sommer in Ligurien und du sprichst nicht richtig italienisch?" Die Kultursnobs wiegen bedenklich den Kopf. Sie selbst lesen Dante im Original, jedenfalls haben sie am Strand immer ein zerlesenes Exemplar dabei. Die italienische Lebensart ist ihnen so in Fleisch und
Blut übergegangen, dass sie nach 10 Uhr nie einen cappuccino bestellen würden. Nachmittags genossen, verursacht die viele Milch Blähungen, das weiß doch jeder

Es gibt Menschen, die sprechen in Italien hemmungslos Deutsch, mag das Gegenüber noch so verblüfft gucken. Andere plappern im Imperfekt drauflos, als gäbe es kein domani. Beides ist mir hochnot peinlich. Erst wenn ein italienischer Satz im Kopf korrekt formuliert ist, kommt er über meine Lippen. Der Gesprächspartner ist in der Zwischenzeit meist schon ein Haus weitergegangen oder hat das Thema gewechselt.

Aber was soll man machen, wenn sich Vokabeln und Grammatikregeln einfach nicht im Gedächtnis verankern wollen? Und wenn doch, dort mit dem Kauderwelsch des Spanienurlaubs eine unselige Verbindung eingehen? Man landet schließlich bei „due cervezze, por favore". Follow us on Zwitter.
Ich kenne Fremdsprachenphobiker, die gehen lieber in den Supermarkt als in einen Alimentari, weil sich dort menschliche Ansprache meist auf so etwas wie „hai la carta?" beschränkt.

Regelrechte Panikattacken kann bei ihnen ein Telefonat in der Landessprache auslösen.
Erschwerend kommt zu alldem hinzu, dass die Ligurer einen selbst für ihre italienischen Landsleute kaum zu verstehenden Dialekt sprechen (siehe auch Die Sprache der Ligurer). Mercante e porcu i se pesa dopu mortu heißt soviel wie „Kaufleute und Schweine wiegt man nach dem Tod". Eigentlich ganz einfach. Man ersetzt o durch u und die Verschlüsselung ist perfekt. Ein bisschen wie bei der B-Sprache mit der wir als Kinder unsere Umwelt genervt haben.

Gefährlich ist aber nicht nur das Sprechen. Bringt man einen wohlsortierten Satz ohne Unfall hervor, glaubt das Gegenüber womöglich, man wäre seiner Sprache mächtig. Die Folge ist ein nicht enden wollender italienischer Wortschwall. Wenn der Gesprächspartner nach geraumer Zeit merkt, dass man ihm nicht folgen kann, wird er ungebremst aber jetzt deutlich lauter weiterreden. Oft ist Italienern nämlich nicht klar, dass man sie nicht versteht, weil man eine andere Sprache spricht. Sie glauben schlicht, man sei schwerhörig. Touristenghettos haben schon etwas für sich.

Es ist ja nicht so, dass man sich nicht bemüht hätte. Langenscheidt Italienisch in 30 Tagen stand am Anfang, heute in der x-ten Auflage. Irgendwann folgte ein Kurs im Studio Italiano in München. Nach vier Sitzungen kehrte die schwangere Lehrerin zurück nach Pavia und kam nicht wieder.
Kennt  noch jemand das Prinzip Superlearning aus dem Kassettenrekorder? Zur Entspannung sollte man sich vor jeder Lektion zu Vivaldi-Klängen gedanklich in eine weiße Wolke verwandeln. Darin war ich richtig gut. Rosetta Stone folgte, jetzt schon auf DVD. Das richtige Programm, aber zur falschen Zeit.

Gerade versuche ich es im Internet mit livemocha, dem kostenlosen Online-Sprachenprogramm. Es erinnert in seiner Struktur ein bißchen an „Rosetta Stone". Das Gelernte wird durch lesen, hören, sehen, übersetzen, schreiben und sprechen verfestigt. Spannend ist, dass man seine Aufgaben und Sprechproben zum Korrigieren und Kommentieren an italienische Muttersprachler schickt und seinerseits die Aufgaben und Sprechproben von Deutschlernenden verbessert. Man motiviert sich gegenseitig. Habe ich es mal mehrere Tage schleifen lassen, kommt prompt eine Email: Willst du nicht deinen Kurs wieder aufnehmen?

Noch will ich.