Donnerstag, 19. August 2010

Whalewatching in Ligurien

Ausflugsboot in Imperia
Die "Corsara" neigt sich bedenklich als sämtliche Passagiere gleichzeitig nach Steuerbord stürmen: Die Beobachter im Ausguck haben über die Lautsprecher einen Wal angekündigt. Es herrscht gespannte Ruhe, der Schiffsmotor läuft leer, dann haben die Ersten auf der
flirrenden Wasseroberfläche die Fontäne des Meeressäugers ausgemacht. "Da, da!", rufen sie vielsprachig, Finger weisen die Richtung, Kameras klicken. Ein "Capodoglio" ist es, ein Pottwal, einer von Vieren, die wir an diesem Nachmittag zu Gesicht bekommen, 12 bis 14 Meter lang jeder und jetzt, Mitte August, besonders häufig vor der Küste Liguriens anzutrefen.

Alle Mann an BordDas Mittelmeer oder gar Ligurien kommt kaum jemandem in den Sinn, wenn es um die großen Meeressäuger geht. Eher die Antarktis, Baja California oder die Küste von Maine. Dabei tummeln sich im westlichen Mittelmeer acht Vertreter der Gattung Cetacea, zu der auch die Delfine zählen. Der außerordentliche Nahrungsreichtum des Gebietes zwischen Korsika, Ligurien und dem provencalischen Meeresbecken lockt während des Frühjahrs und Sommers besonders viele Wale und Delfine an. Aufgrund dieser ökologischen Besonderheit und Wichtigkeit wurden 1999 rund 88.000 km² von Hyères über die Côte d'Azur bis in die südliche Toscana und dem Norden Sardiniens durch die Anrainerstaaten Frankreich, Monaco und Italien zum Wal- und Delfin-Schutzgebiet "Pelagos" erklärt. Pott- und Schnabelwale, Streifendelfine sowie das mit einer Länge von über 24 Metern zweitgrößte Lebewesen auf der Erde, der Finnwal, sind hier anzutreffen.

Erste Sichtung eines WalsAuf der "Corsara" weiß der mitreisende Biologe ziemlich genau, wo sich Wale und Delphine aufhalten. Die Ausflugsboote stehen unter einander in Kontakt, Erfahrung und starke Ferngläser tun ein Übriges, um einigermaßen sicher zu gewährleisten, dass den Fahrgästen für ihre 32 Euro auch wirklich etwas geboten wird. Manchmal sind es "nur" 70 Delphine, die zum besonderen Entzücken der Kinder vor und neben dem Schiff ihre Synchronsprünge vollführen. An anderen Tage ist das gesamte Spektrum geboten, Meeresschildkröten und Wale inklusive.

Von Porto Maurizio aus geht es los, Richtung Osten, immer an der Küste entlang. Bald kommt Diano Marina in Sicht, Albenga, Alassio, Cervo sind klar zu erkennen, dahinter die Silhouette der Seealpen. Nach 50 Minuten macht die "Corsara" Station in Andora, wo nochmal so viele Passagiere zusteigen, wie in Porto Maurizio, junge Leute vor allem, viele mit Kindern, von denen einige "Flipper" und "Free Willy" im Kopf haben dürften. Nicht allen bekommt die Weiterfahrt aufs offene Meer. Bald sieht man das eine und andere grüne Gesicht. Einer der Passagiere verbringt die gesamte Reise liegend, umsorgt von zwei entnervten Damen. Dabei ist kaum Seegang zu verzeichnen, an diesem heißen Sommertag. An Bord gibt Chips und nicht viel mehr. Vielleicht auch besser so.

Wal: Da bläst erNach der ersten Sichtung stellt sich Jagdfieber ein. Eine plötzliche Kursänderung kündigt den nächsten Wal an. Die Stimme aus dem Ausguck überschlägt sich: "Backbord, auf vier ... ", Italienisch und Englisch, beides schwer verständlich. Doch der Wal taucht ab. Die "Corsara" dümpelt vor sich hin. Ein Wal kann 30 Minuten unter Wasser bleiben, bevor er zum Atmen wieder an die Oberkläche muss. Gespanntes Warten. Plötzlich schaltet der Kapitän auf volle Fahrt, von Ferne sieht man die Wasserfontäne aus dem Blasloch des Wals aufsteigen. Die "Corsara" nähert sich bis auf 15 Meter dem knapp unter der Wasseroberfläche dahin schwimmenden Riesen. Vom Ausguck werden die Atemstöße mitgezählt: "38, 39, 40 ... attenzione". Die Kameras sind gezückt, denn ziemlich verlässlich auf 41 macht der Capodoglio den Rücken krumm, hebt unter vielen Aaaahs und serienweise Klicks die Schwanzflosse aus dem Wasser - und weg ist er. Alle sind glücklich und jetzt auch ein bisschen müde.

Die "Corsara" brettert zurück Richtung Imperia, wo sie nach sechs Stunden wieder anlegt. Die Haut ist klebrig vom Meersalz und sonnenverbrannt. Seeluft macht bekanntlich hungrig, doch wieder einmal ist es zu früh, um nahtlos zum Essen zu gehen. Aus den Küchen der Ristorante am Hafen von Imperia steigen zwar schon die Knoblauchdämpfe, aber die Kellner winken ab. Zum Glück gibt´s ja das schöne Ritual des Aperitifs.

Hier findet man Näheres über Abfahrtszeiten und - orte, letzte Sichtungen etc. und kann telefonisch oder online einen Platz reservieren