Freitag, 24. August 2012

Ein Tag am Strand

Von Calabrone Normalerweise vermeiden wir es, in der Hauptsaison ans Meer zu fahren. Von unserer Terrasse haben wir einen grandiosen Blick auf selbiges. Die Strände sind überfüllt und es erfordert Glück, einen Parkplatz zu finden. Heute aber hat die beste aller Ehefrauen
bestimmt: Wir gönnen uns einen Strandtag! Früh wird die Strandtasche bestückt, Sonnencreme, Lektüre usw. Alles was gestohlen werden kann, bleibt zu Hause.

Noch ein paar Mal die Frage, kann ich den Bikini noch tragen, oder doch lieber den Einteiler?! Dann geht’s los, erstaunlicherweise sind noch einige Parkplätze hinter der Schranke frei. Der Betreiber des Strandes, ein Sizilianer, ist offensichtlich nicht begeistert, zwei Strandliegen und einen Schirm nur für einen Tag zu vermieten, aber mal sehen. Mit uns im Schlepp geht er mit seiner Liste in der Hand die endlosen Liegestühle ab. Wie, in der ersten Reihe wollen Sie einen Platz? Unmöglich! Die sind schon für das darauffolgende Jahr von Stammkunden für den ganzen Sommer reserviert. Je weiter vorne, desto wichtiger fühlen sich die Italiener. Viele wohlhabende Torinesen und Milanesen besitzen hier Ferienwohnungen oder Häuser.

Wir besetzen unsere Liegen in der vorletzten Reihe und wollen schwimmen. Die nicht unbedingt mutigste aller Ehefrauen, geht nur dann ins Meer, wenn keine Wellen zu sehen sind, man den Grund klar erkennen kann, das Wasser warm genug ist und ich vorgehe. Heute stimmt alles. Durch eine Wand von Frauen, die wie Flamingos im Wasser stehen, allerdings auf zwei Beinen, bahnen wir uns den Weg ins offene Meer.

Nach drei bis vier Schwimmzügen pfeift uns eindringlich und unmissverständlich der Bademeister zurück, wild gestikulierend. Er nimmt wohl an, wir seien Italiener und die können, auch wenn sie am Meer leben, größtenteils nicht schwimmen.

So reihen wir uns bei den Flamingos ein. Unter dem ganzen Geschnatter filtere ich diverse interessante Pastasoßen und Backrezepte heraus und erfahre immer wieder, dass es doch sehr warm sei und lange nicht geregnet hat.

Jüngere Frauen lassen sich auf ihren Liegen brutzeln. Ab und zu mahnt der Timer-Klingelton des Smartphone/I-Phone zum Umdrehen. Die Großväter kümmern sich rührend um die kleinen Enkel, blasen ihnen Minipools auf und befüllen sie mit Wasser aus Eimern, oder helfen ihnen unermüdlich Löcher in den Sand zu buddeln. Die Omas stopfen den Kleinen die Mäuler mit Focaccia und Wassermelonen und immer wieder hört man die Trillerpfeife des umsichtigen Bademeisters.

Die Mehrzahl der Männer hat offensichtlich früher in einer Goldmine gearbeitet, schwere goldene Ketten mit dick dranhängenden Kreuzen und massive Armbänder lassen sie nur schwer aus ihren Liegestühlen kommen, ich komme mir armselig vor. Vor 30 Jahren hat meine damalige Lebensgefährtin über meine Ray-Ban-Aviator gelästert, die ich mir in Amerika gekauft hatte: „Du siehst aus wie Muck die Stubenfliege“. Jetzt tragen alle, die es sich leisten können, oder auch nicht, diese goldverspiegelte Pilotenbrille.

Die Toiletten befinden sich gleich hinter der Strandbar. Dort findet gerade eine Verkostung edler Weine aus dem Piemont statt. Die Frauen brutzeln weiter oder wickeln die Enkelkinder im Sand. Die Männer kippen einen Plastikbecher nach dem anderen runter und das bei 32°! Die Toiletten sind ständig besetzt, man hört Würgen und Stöhnen. Derweil schreibt die wohlanzusehende Assistentin des Weinverkäufers - im knappen leuchtfarbenen Bikini - Lieferaufträge. Ein paar Kisten von dem und noch ein paar von jenem. Die ersten Genießer liegen schon am Boden. Vielleicht noch eine Scheibe trockenes Weißbrot? Und wieviele Kisten von dem?

Der Drang zu pinkeln bleibt, ich werde es wie all die anderen machen, ich schwimme ein paar Züge.
Nachdem ich mich wieder durch die immer größer werdende Schar der Flamingos gequält habe, sagt meine Frau, guck mal, das ist doch zum Totlachen! Am freien Strand klemmt eine Frau dick wie ein Wal in einem aufblasbaren Gummisessel mit aufgemalten Seesternen, sie liest eine bekannte Frauenzeitschrift. Auf dem Titelblatt steht: Wie komme ich schnell zur Bikinifigur - wohl etwas zu spät! Vielleicht im nächsten Urlaub!

Wir dösen ein wenig auf unseren Liegen in der ungeliebten vorletzten Reihe, beim Geschrei der vielen Kinder. Als ich dann noch einen verschossenen Ball an den Kopf bekomme, beschließen wir zu gehen. Wir gönnen uns noch einen Aperitif mit netten Kleinigkeiten zum naschen und beschließen den Tag auf unserer Terrasse - ein herrlicher Strandtag.

Das machen wir nächstes Jahr bestimmt mal wieder!