Am 4.5.2010 ist Claudio Scajola, Berlusconis Minister für Wirtschaftliche Entwicklung, zurückgetreten. Die dubiose Finanzierung eines Luxusapartments im Rom hatte ihn zu Fall gebracht. Warum ich das erzähle? Weil die Scajolas zu den einflussreichsten Familien an der Blumenriviera zählen. Seit den 50-er-Jahren bestimmen sie die Geschicke der Region entscheidend mit.
Claudio Scajolas Vater Ferdinando war Bürgermeister von Imperia, ebenso Bruder Alessandro. Der Jurist Claudio Scajola, 1948 in Imperia geboren, übernahm dieses Amt 1982, musste es aber schon ein Jahr später wieder abgeben, unter anderem wegen Mauscheleien bei der Vergabe von Bauaufträgen. 1990 wurde er erneut in das Amt des Bürgermeisters seiner Heimatstadt gewählt, der er auch nach seinem Wechsel nach Rom eng verbunden blieb - sehr eng. Ein veritabler "campanilista" eben, der um den eigenen Kirchturm kreist.
In seiner Funktion als Innenminister (2001 – 2002) im 2. Kabinett Berlusconis sorgte er dafür, dass Albenga - nächstgelegene Flugpiste zu Imperia - einen Alitalia-Direktanschluss an Rom bekam. Als Scajola dann wegen des Polizeieinsatzes beim G8-Gipfel in Genua unter Druck geriet und schließlich wegen der Rolle seines Ministeriums im Fall Biagi den Hut nehmen musste, wurde die Strecke still schweigend eingestellt. Nie waren auf einem Flug Albenga - Rom mehr als 18 Passagiere gezählt worden, allesamt aus dem Dunstkreis des Ministers.
Mit seiner Rückkehr in die Mannschaft Berlusconis (2003 – 2006) wurde die Strecke Albenga – Rom plötzlich wieder aktuell, diesmal bedient von Air One. Die Regierung machte dafür eine Million Euro locker. Die Route verschwand 2007 erneut vom Flugplan und wurde in der Zeit Scajolas als Minister für Wirtschaftliche Entwicklung (2008 – 2010) abermals wiederbelebt.
Fürs Erste dürfte für die Anwohner des Flughafens in Albenga wieder Ruhe einkehren. Doch es scheint nur eine Frage der Zeit, wann Claudio Scajola, der sich als Opfer einer Medienkampagne sieht, wieder auf die politische Bühne zurück kehrt. Sein Neffe Marco Scajola zumindest, Vizevorsitzender des ligurischen Ablegers der Berlusconi Partei Popolo della Libertà und zuvor Vizebürgermeister von Imperia, verbreitet Optimismus: „Presto uscirà la verità“.