Montag, 24. November 2008

Krippenplatz - Italien zur Weihnachtszeit

Weihnachtszeit in Ligurien, das ist - wie im Rest Italiens - eine grellbunt-blinkende "Schmücking"-Orgie. Der amerikanische Santa Claus hat auch Italien erobert, rotweiß, lachend, singend, tanzend. Doch es gibt einen Weihnachtsbrauch, der den
umgekehrten Weg ging, nämlich von Italien hinaus in die Welt: Die Weihnachtskrippe.

Jetzt sind sie wieder überall zu sehen, die Schilder, die den Weg weisen zu den "Presepe". Es gibt sie auch in Ligurien in großer Zahl, selbst in den entlegensten Bergdörfern, liebevoll ausgestattet und präsentiert. Bereits zwei Wochen vor Weihnachten werden sie aufgestellt, das Christuskind aber wird erst in der Heiligen Nacht in die Krippe gelegt, und zwar genau um Mitternacht.

Eine Ausnahme macht die "Presepio dei Delfini" (Foto): Das Jesuskind ruht ganzjährig auf einer Muschelschale auf dem Meeresgrund. Die Bronzegruppe, zu der noch Josef, Maria und ein paar Delfine zählen, ist ein beliebtes Tauchziel in der Bucht von Riva Trigoso (Savona). Doch wie entstand eigentlich die Tradition, Weihnachtskrippen aufzustellen?


Es war im Jahre 1223, dass Franz von Assisi nach einem Besuch in Betlehem auf die Idee kam, den Menschen seiner Heimat das Ereignis der Geburt Jesu lebendig nachzustellen. In einer Höhle bei dem Städtchen Greccio in Umbrien stellte er eine hölzerne Futterkrippe auf, legte ein geschnitztes Jesuskind hinein und holte einen lebenden Ochsen und einen Esel hinzu. Von Bauern ließ er dann die übrigen Handelnden darstellen und hielt seine Weihnachtspredigt vor dieser lebenden Weihnachtskrippe, der ersten Krippendarstellung in der Geschichte. Eine große Menschenmenge war Zeuge dieses Ereignisses, das alle tief beeindruckte. Franz von Assisi erhielt vom Papst die Erlaubnis, die Zeremonie jedes Jahr zur Weihnachtszeit zu wiederholen. Überall in Italien fanden sich Nachahmer, später auch im restlichen Europa. Die Botschaft war, dass Jesus mitten im Volk geboren wurde und somit einer von ihnen ist.
Bis ins 16. Jahrhundert blieb es bei Krippendarstellungen in Klöstern und Kirchen. Zu den lebenden Darstellern gesellten sich immer öfter künstliche Figuren aus den verschiedensten Materialien. Nach und nach hielten die Krippen Einzug in den Palästen adeliger Familien, ab dem 18. Jahrhundert dann endlich auch in die Bürgerhäuser.
Noch immer sind in Italien Krippenaufführungen mit lebenden Menschen und Tieren sehr beliebt. Die Stadt Corciano in Umbrien verwandelt sich zur Weihnachtszeit in eine einzige große Krippenlandschaft. Die mittelalterlichen Gassen werden von Akteuren in allen denkbaren Kostümen bevölkert. San Giovanni Rotondo in Apulien schmückt zur Weihnachtszeit fünf Tage lang alle Plätze seiner Altstadt mit lebensgroßen Krippen. Und in Crispiano, ebenfalls in Apulien, spielen fast 200 Menschen vor einer Grotte Szenen der Weihnachtsgeschichte nach. Das Spektakel findet am 26. und 31. Dezember sowie am 6. Januar statt.
Schon Goethe berichtet in seiner Italienischen Reise davon, dass ihn eine Krippe in höchstes Erstaunen versetzte, die das Geschehen vor dem Hintergrund des Vesuvs und seiner Umgebung zeigte. Das Spektrum italienischer Weihnachtskrippen reicht von lebensgroßen, bunten Figuren, die das alltägliche Volksleben darstellen, über schlichte Tonfiguren, edle Wurzelholzgestalten, Krippen aus Eisen, Pappmaché, Glas, Kork, Porzellan, Wachs, aus Stoff, Stroh und Holz, aus Elfenbein, Marmor oder Alabaster. Berühmt sind die Keramikkrippen aus Caltagirone auf Sizilien, die Stadt ist bekannt als „città del presepe" - Stadt der Krippen. Die Figuren der Traditionswerkstätten in der „Straße der Krippenbauer", der Via San Gregorio Armeno in Neapel, veränderten sich mit der Zeit hin zu Karikaturen und tragen jetzt oft die Züge bekannter Zeitgenossen. Im Dezember sind ihre neusten Kreationen zu bewundern. Unter den Figuren tummeln sich solche von Politikern, Showstars, Schauspielern und Sportlern, sogar Osama Bin Laden wurde schon gesichtet.
Der Legenden nach soll dieKrippe, in die das Christuskind gebettet war, im Jahr 360 aus Bethlehem nach Rom gebracht worden und hier aufgestellt worden sein. Heute findet sich an dieser Stelle die Kirche Santa Maria Maggiore. Die berühmteste Krippe Roms befindet sich in der Kirche Santa Maria in Aracoeli. Es wird behauptet, dass ihr Christkind Wunderheilungen zu vollbringen vermag. Die von einem Franziskanermönch im 15. Jahrhundert aus dem Holz eines Olivenbaums aus dem Garten Gethsemane geschnitzte Figur wurde 1994 gestohlen, seit dem müssen sich die Besucher mit einer Kopie begnügen.
Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Almut Irmscher

Einen Besuch wert ist das 2008 eröffnete "Museo del Presepe" von Imperia im Palzazzo del Collegio an der Piazza del Duomo 1. Es beherbergt u.a. 113 Holzfiguren von Anton Maria Maragliano und seiner Schule, die zwischen 1724 und 1741 für die adelige Familie Berio geschaffen wurden. Geöffnet Dienstag mit Sonntag 16.00 - 19.00 Uhr.